Mond und andere Farben – Thomas G. (ateliergrubert.de)

Diana Oesterle

Am 16.11.2016, Treppenhaus des Hospizes in Polling

Liebe Gäste,

ich freue mich sehr aus Anlass dieser Vernissage Thomas Grubert mit seiner 15. Einzelausstellung „Mond und andere Farben 2“ hier in diesem schönen, historischen Treppenhaus des Hospizes Polling einführen zu dürfen.

Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, entwarf und realisierte Thomas Grubert den überaus gelungenen Neubau unseres Museums Penzberg – Sammlung Campendonk. Daher war ich ausgesprochen neugierig auf seine, in den letzten Jahren und Monaten entstandenen Werke, die für seine zweite Profession und Leidenschaft stehen: die Malerei.  

Die Eröffnung dieser Ausstellung, die den Mond als Protagonisten nennt, könnte nicht besser gewählt sein. War doch am Montagabend der sogenannte „Supermond“ zu bestaunen. Bei diesem Phänomen war der Vollmond aufgrund seiner geringen Distanz zur Erde besonders groß und hell am Firmament zu sehen, am Montag betrug die Entfernung „nur“ 356 509 Kilometer.

Das letzte Mal war dies 1912 der Fall, und erst im Dezember 2034 wird der Vollmond von der Erde aus dann wieder so nah zu betrachten sein.

Von diesem kleinen astronomischen Exkurs zum „Supermond“ nun also zu dieser „Superausstellung“ – und zu des Künstlers „Mondfaszination“, wie er selbst gesteht. 

Wie erwähnt, führt der Titel nicht nur den Mond als Hauptdarsteller ein, die „2“ verweist unmittelbar auf die 15 Jahre zurückliegende Ausstellung im historischen Treppenhaus im Haus der Stille, in Schloß Altenburg. Thomas Grubert hat sein Thema nun ein zweites Mal aufgegriffen und für diese Ausstellung weitere Arbeiten gemalt, so dass wir insgesamt 31 Werken gegenüberstehen.

Ich denke, es ist kein Zufall, dass sich Treppenhäuser als vertikale Galerien besonders für „Mond-Bilder“ eignen. Impliziert doch das Hinaufsteigen der Stufen, die Aufwärtsbewegung gen Himmel, ein „Sich den Sternen“-Nähern des Betrachters. Die ersten Sternwarten befanden sich meist in den Turmzimmern der Klöster und Universitäten – und so ist das Treppenhaus als Transitraum zwischen den irdischen Realitäten und einem sehnsuchtsvollen Ausblick in den Kosmos zu verstehen.

In dieser Ausstellung schreiten wir vorbei an frühen, abstrakten Werken, die fast wie „Suchbilder“ mit Mond erscheinen, hin zu abstrahiert-gegenständlichen Serien, die wiederum von großformatigen, abstrakten Bildern gefolgt werden.  Allen, auch den Abstrakten, ist das Erzählerische, Phantasievolle gemein. Das Anfangs- und zugleich Schlußbild „Lotusmond“ bildet die Klammer und verweist bereits auf Gruberts Serie der Lotusblüten, die im kommenden Jahr in der Seeresidenz in Seeshaupt zu sehen sein wird.

Die Gegenüberstellung der frühen und neueren Bilder zeigt neben den gestalterischen Variationen auch des Künstlers eigene Bildzitate auf. In „Mondwäsche“ beispielsweise rezipiert sich Grubert selbst und variiert dieses Thema in Format und Farbkomposition.

Fast immer ist der Mond die Hauptfigur, um die sich alles dreht: sei es als Sehnsuchtsort des Menschen, als Sinnbild für dessen Gefühle und Träume – oder als „Auge der Nacht“. Im gestalterischen Sinn ist er orientierender Ausgangspunkt für die Bildkomposition, da der Künstler um den Kreis als stärkste, geometrische Form die anderen Bildelemente anordnet.

Doch manchmal wird der Mond auch durch andere „Leuchtkörper“ ersetzt: Dann entführen Lampions oder Glühwürmchen unseren Blick in die Nacht.

Denn Mondbilder sind zugleich Nachtstücke und damit eine Herausforderung für den Künstler: eine Szenerie bei Mondschein zu zeigen, erfordert ausgesprochenes Wissen um die Leuchtkraft der Farben, des Hell und Dunkel, des Nebeneinander von Blau und Schwarz.

Die Leinwand wird zum Universum, in welchem Gruberts Figuren ihre metaphorischen Geschichten erleben. Der Mond als Kristallkugel, in welcher wir hoffen, die Zukunft sehen zu können oder das Bild „Ich hab ihn“, in welchem ein Mann den Mond freudestrahlend festhält.

Die Mondzyklen bestimmen unweigerlich unser Leben: Gezeiten, Stimmungen – gar Gefühle?

Doch seine Gestalt ändert der Mond nur in unseren Augen. Und so kommt einem eines der schönsten Mondgedichte von Matthias Claudius in den Sinn: „Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen
und ist doch rund und schön!
So sind wohl manche Sachen,
die wir getrost belachen,
weil unsre Augen sie nicht sehn.“

Jedem Bild liegt ein persönliches Erleben, eine Assoziation des Künstlers zugrunde. Mit einem Augenzwinkern macht er den Anfang, uns seine Geschichte mitzuteilen – das „zu Ende Erzählen“ liegt bei uns als Betrachter.

Zyklengleich entstehen Gruberts Bilder: Schicht um Schicht, Version um Version tastet, zeichnet, malt er sich heran. „Bilder können einen richtig ärgern“, sagt er selbst.

Thomas Grubert, der unter anderem einen Lehrauftrag für freies Zeichnen an der Hochschule Weihenstephan hat, komponiert seine Bilder von der bewusst gesetzten Linie her. Daher spielt auch Schrift in Gruberts Werken eine wichtige Rolle, entweder in Form von Zeitungscollagen oder als Wortfragmente, die zu eigenständigen Bildelementen werden. So konkretisiert sich die zeichnerische Linie zur identifizierbaren Handschrift des Künstlers.

Der Wunsch, die blaue Stunde der Dämmerung sowie nächtliche Stimmungen durch die Zusammenstellung von Blau und Schwarz einzufangen, ist Gruberts Werken anzuspüren. „Mond und andere Farben“ nennt er diese Ausstellung. So ist zugleich der zweite Protagonist eingeführt, der dem Mond den Bildraum zu einem meditativen Bühnenraum gestaltet: die Farbe oder besser der Farbklang.

Während der Vorbereitungen zu dieser Ausstellung betonte der Künstler im Gespräch seine Suche nach dem harmonischen Ausgleich von Form, Linie und Farbe.  Die faszinierende Eigendynamik seiner Kompositionen entsteht durch eben diesen Zusammenklang von Chaos und Ordnung.

Abschließend möchte ich ein schönes Bild aus der indischen Mythologie mit Ihnen teilen. Es ist verbunden mit dem Mondgott Chandra beziehungsweise mit der Mondscheibe am Himmel. Dieser Mond ist der Becher aus dem die Götter ihr aphrodisierendes Elixir „Soma“trinken. Bei Vollmond ist der Becher mit Soma gefüllt, bei Neumond ist er leer. Von Vollmond zu Neumond trinken die Götter jeden Tag einen gleich großen Schluck. Von Neumond zu Vollmond füllt sich der Becher dann wieder von selbst.

Ihnen, liebe Frau Dodell wünsche ich, dass sich das Treppenhaus des Hospizes Polling auch in Zukunft – wie von selbst – mit wunderbaren Ausstellungen und Bildern füllen möge.

Dir, lieber Thomas, wünsche ich, dass dieser Abend erfüllende Inspiration für viele weitere Werke ist.

Sie, liebe Gäste, darf ich nun einladen, sich auf eine spannende und stimmungsvolle Mondfahrt zu begeben!